XI
1856
Herr am Schloss Fürstenstein wird der Sohn von Hans Heinrich X., Hans Heinrich XI., Graf von Hochberg und Fürst von Pleß - in den letzten Jahren seines Lebens sogar Herzog von Pleß.
Der Titel des Erzfürsten war der höchste fürstliche Titel, den eine Person außerhalb der herrschenden Familie verliehen bekommen konnte. Leider war das im Falle dieses Magnaten kein erbliches Privileg, sondern wurde nur lebenslänglich verliehen. Am 20. Dezember 1905 wurde das Dokument der Titelverleihung von einem kaiserlichen Gehilfen mit dem Sonderzug nach Pleß gebracht. Ein paar Stunden später kam ein Telegramm mit besten Wünschen vom Kaiser selbst. Abends wurde im Palast in Pleß ein feierlicher Empfang gegeben und am Tag darauf drückten die Bewohner der Stadt ihre Freude über die Titelverleihung an den Fürsten mit einem Festzug aus. Warum?
Hans Heinrich XI. war nämlich eine Gestalt, die ihrer Zeit weit woraus war. Er ist für den industriellen Aufschwung der Region verantwortlich. In einem Zeitraum von mehr als einem halben Jahrhundert erweiterte sich das Erbe seines Vaters unter seiner verständnisvollen, sanften Führung nicht nur räumlich, auch der „interne Wert“ dieser Habseligkeiten stieg. Vor allem dank den zahlreichen Umwandlungen und Optimierungen, z.B. der Errichtung von Straßen, Parks und Wäldern, die den natürlichen Charme betonten, den das familiäre Eigentum von Natur aus hatte.
Hochberg unterstützte soziale Organisationen, Kirchengemeinden (bemerkenswert dabei - unabhängig von der Konfession), und Schulen. Am 1. Juli 1892 wurde dank der Initiative von Hans Heinrich XI. auf dem Gelände des heutigen Stadtviertels Podgórze eine Kochschule für die Töchter von Arbeitern der Waldenburger Bergwerke gegründet. Innerhalb von 8 Jahren, bis Ende 1900, besuchten die Schule 347 Mädchen, wovon 129 unentgeltlich. Die Mädchen lernten nicht nur zu kochen, sondern auch den Haushalt zu führen und fanden dadurch eine Anstellung in den benachbarten, reichen Häusern. Für junge Arbeiter wurden Abendkurse veranstaltet, bei denen dreimal wöchentlich eineinhalb Stunden Deutsch, Rechnen, Erdkunde, Geschichte, als auch Sicherheitsvorschriften im Bergbau unterrichtet wurden. Für Jugendliche bis 16 war das Pflichtunterricht.
Hans Heinrich unterstützte auch Sterbe-, Krankenhaus-, Witwen- und Rentenkassen. Frauen im Wochenbett erhielten drei Wochen lang unentgeltlich nahrhafte Suppen, man sorgte sich auch um ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Die Tätigkeit von Hans Heinrich XI. auf diesem Feld bildete später die Grundlage für die Sozialreformen von Bismarck. Aus seinen Mitteln wurden Wohnblocks für Bergleute gebaut sowie Kindergärten und Werksbibliotheken gegründet. 1891 waren innerhalb der fürstlichen Güter günstige Kindergärten tätig, in denen der tägliche Aufenthalt inklusive zwei Mahlzeiten nur 5 Pfennig kostete (zu der Zeit kostete ein Pfund Margarine 75 Pfennig und acht Heringe mittlerer Größe - 20 Pfennig).
Im Rahmen der Ida-Stiftung (Stiftung des Grafen von Hochberg), die noch von Hans Heinrich X. gegründet wurde (zur Ehre der 1843 verstorbenen ersten Gemahlin Ida de domo Stechow) wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts arme Schulkinder mit fürstlichen Mitteln unterstützt. Ende des 19. Jahrhunderts investierten die Hochbergs 60 000 Mark jährlich in soziale Zwecke.
Er trug wesentlich zum Bau der katholischen Schutzengelkirche in Waldenburg bei, die nach dem Entwurf von Ernst Lange errichtet und am 14. Mai 1904 vom Kardinal Georg Kopp geweiht wurde.
Hans Heinrich XI. von Hochberg finanzierte die Verbesserung der gesundheitlichen Bedingungen der Bewohner von Waldenburg. Anfang des 20. Jahrhunderts bestimmte er 300 000 Mark (die Gesamtkosten sollen 1 250 000 Mark betragen haben) für die Kanalisierung und den teilweisen Umbau der Flüsse Polsnitz und des Bachs Szczawnik.
Während seiner Herrschaft auf Fürstenstein wurde die Schlossbibliothek vergrößert. Die Bibliothek galt als die zweit größte Privatbibliothek Schlesiens nach der Schaffgotsch‘schen Bibliothek in Bad Warmbrunn. 1897 wurde die Bibliothek in das Torhaus verlegt, dessen Räumlichkeiten umgebaut und an die Bedürfnisse der Sammlung angepasst wurden.
Mitte des Jahres 1900 ordnete Hans Heinrich XI. an, dass alle Mitarbeiter, die 25 Jahre im fürstlichen Dienst verbleiben, als Auszeichnung eine Silberuhr mit der Widmung „Für 25 Jahre treue Dienste, Fürst von Pleß“ erhalten sollen. Den Ausgezeichneten wurde aber die Wahl gegeben. Wer keine Uhr haben wollte, konnte deren Gegenwert in bar erhalten. Die feierliche Übergabe fand im Sitz des Vorstands des Fürsten von Pleß in Waldenburg statt. Die meisten wurden beim festlichen Neujahrstreffen im Januar ausgezeichnet.
Erwähnenswert ist, dass der Sohn von Hans Heinrich XI. Hans Heinrich XV. war, den die bekannte Fürstin Daisy heiratete. Obwohl die Ehe der britischen Schönheit selbst als unglücklich eingeschätzt wird, verband sie immer eine große Freundschaft mit ihrem Schwiegervater, den sie, nicht ohne Grund, für einen wunderbaren Menschen hielt.
Hans Heinrich XI. starb am 14. August 1907 nach einer langen Erkrankung auf dem Schloss Albrechtsberg - einem der an der Elbe gelegenen Dresden Schlösser. Das was er tat und hinterließ war ein wunderschönes Zeichen seiner Anwesenheit auf dieser Welt.